Es stinkt nach Pisse. Der Geruch frisst sich penetrant in mein Gehirn.Die Straße glänzt grauschwarz, ist aalglatt. Tote Blätter kleben an meinen Schuhen, es schmatzt beim Gehen. Vor mir erstreckt sich ein öder Landweg. Schummrige Laternen, fast kahle Bäume, ein abgeerntetes Feld im Nebel. Es ist zum Sterben langweilig. Und stinkt nach Pisse. Ich atme flach, halte deine Hand, friere ein wenig. Wundere mich einmal mehr darüber, wie das Leben vergeht. Die Blätter, die sich noch an den Zweigen festkrallen, rascheln leise im Wind. In der Nähe blinkt ein Warnlicht. Du sagst, du kannst das pulsierende Licht der Großstadt sehen. Ich sehe nur eine banale Baustelle. In der Ferne ruft ein Käuzchen. Ich trete die Blätter von meinen Schuhen. Es stinkt nach Pisse, und wir gehen nach Hause. Keine Großstadt. Ein kleines Kaff. Ein kleiner Weg. Ein kleines Leben. Ich möchte dir gerne sagen, dass ich zufrieden bin. Erspare uns beiden die Lüge. Stattdessen drücke ich mich an dich und gehe langsam weiter. Vielleicht führt der Weg ja doch in ein Abenteuer? Wahrscheinlicher aber nur in die nächste Depression.
© Sybille Lengauer