Archiv für Dezember, 2019

Weihnachtspause

Veröffentlicht: Dezember 24, 2019 in Allgemein

Liebe Lesende, ich wünsche euch allen frohe Feiertage und verabschiede mich bis zum nächsten Jahr. Wir lesen uns später! Sy

Auf einem Stick fanden sich noch ein paar Übersetzungen…

Somewhere Nowhere

Somewhere a heart beats an unsteady rhythm until it falters. It gives its soul the possibility to flee its miserable cover.
The now dead body is only an empty, flabby cover, which soon is going to wear the features of rigor mortis.
The parties of grief and heir moan and lament at the death bed, while calculating the legacy and estimating, how much grief seems worthy and suitable.
Somewhere up there, a stubby gentleman sits on a candy-cloud. He asks each spirit into his office and looks deep-down their souls. He inspects them to decide if they’re worthy enough to await the paradise behind the shed and have filled in the forms correctly, of course.
Somewhere down there, another gentleman waits for those souls, the one up there thinks of as unworthy. Besides he calmly cleans his fingernails with his hideous prick. He moves his behind to position himself more comfortably on his red velvet cushion. He inhales the air, which’s got his preferred temperature of 180 °, through his enormous nostrils.
In between hiss a few winged castratos to and fro, tell weird stories about heaven and hell to offer the gentlemen some kind of amusement…
…and…
Right in the thick of it, the human sits in his church, freezes his buns off and is scared shitless, because his doctor told him about an increasing risk of heart-attack.
Amen.

© Sybille Lengauer
Translated by Giovanna Letizia

The Clock
(a short night melody)

I’m sittin’ in the kitchen and listen to the clock, it’s cutting the hours
TICK
I’m starin’ at the wall, it’s got cracks, it’s as yellow as nicotine and ugly
TICK
I’m examinin’ the shelves, the scraps of wall paper, wilting plants
TICK
I’m lookin’ at my hands, which are lying on the table, which is sticky and old
TICK
I’m gettin’ up slowly, holding the chair behind me, which’s got a loose leg
TICK
I’m goin’ into the bathroom, see the mirror and behold the horror as expected
TICK
I approach the window, it’s dirty and smeared, I see walls and rain
TICK
I’m takin’ my pistol out of its casket inside the cupboard, it’s colourless and dusty
TICK
I put in the magazine, position it on my temple, forgot to load
CLICK
TICK
I’m goin’ back to the kitchen, load and shoot this god damned clock!
TI-BOOM
Since then, I’m merry again, ‘cause time stands still, at least in my kitchen
FOREVER

© Sybille Lengauer
Translated by Giovanna Letizia

The whorehouse language

Self-important jabbering bubbles aimlessly,
Witless, useless, directly out of the paunch
No detour via the brain
Rumen communication

It babbles, it maunders, it fiddles, it whispers,
It gossips, it mumbles, it chats, it prates,
It cackles, it stutters, it natters, it stammers,
It jabbers, it prattles, it twaddles, it speaks!

A rage and roar of words and tones,
A sea of sounds, equals a monkey stable
The totty squeal and gibber
The blokes rut like the rams
And the brats…
Not to think of!

And not one syllable, not a tiny hint,
Is somehow of  importance,
Has even the smallest weight
It is a crime, a scorn unparalleled

Contagious as scabies,
It infects the young and the old,
Mixes the poor with the rich,
Confuses all classes
A leveller like the (grim) reaper
Only meaner

Unites the people of the earth in bereft of content
Unites them happily in claptrap without substance
Unites them, even with conflicts,
In endless feeble-mindedness

The whorehouse language
Betrays us all. Although partly already dead!
The Babylonian she-dog
Sneaks through our alleys
Unfortunately not to be stoned

© Sybille Lengauer
Translated by Giovanna Letizia

Affenhorden

Veröffentlicht: Dezember 10, 2019 in Gedichte
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Affenhorden

Von Osten, Westen, Süden, Norden,
Drängen sie zum Glühweinstand,
Um ihre Lebern hinzumorden –
Oftmals auch den Hausverstand.
Sie singen falsch in drei Akkorden,
(Die Melodie ist altbekannt)
Vom Heiland, der geboren worden,
Und vom geliebten Heimat-Schland.
Doch während sie den Jesus preisen,
Indem sie einen Krapfen speisen,
Kotzt einer schon im breiten Strahl,
Das jüngst verzehrte Abendmahl.
Der nächste kotzt gleich hintendrein,
Da darf man nicht sensibel sein.
Ach, schön ist die Besinnlichkeit,
Zur Weihnachtszeit.

© sybille lengauer

Dezember-Kain
(Snippet)

Es war einer jener eintönig grauen Dezembertage, die in ihrer feuchtkalten Gleichmäßigkeit den vorangegangenen Tagen des Novembers täuschend ähneln und sich nahtlos aneinanderreihen, bis sie zu dröger Beliebigkeit verkommen. Von frostkaltem Tau bedeckt lagen die Felder, still und verlassen, unter einem dicht verhangenen Winterhimmel. Ihre rostbraun verfärbten Blätter lautlos von sich werfend, reckte sich eine einsame Stieleiche über die endlosen Reihen von verblühtem Ölrettich hinweg und nur der hallende Flügelschlag einer auffliegenden Ringeltaube jagte für einen kurzen Moment ein Gefühl von Lebendigkeit über die glanzlose Szenerie. Nichts hätte das gelangweilte Auge des Betrachters dazu veranlasst, in dieser tristen Ackerlandschaft den Schauplatz einer Bluttat zu vermuten und doch lag er da, am Feldrand, zwischen umgeknickten Halmen und aufgewühltem Laub. Der Sterbende. Mein Bruder. Lag da und dampfte in der Kälte des Morgens, während das Leben in warmen Strömen aus ihm pulste und in der schwarzen Erde verrann, in die sich seine Hände gruben. Aus weit aufgerissenen Augen versuchte er meinen Blick einzufangen und eine Antwort auf die Frage zu erzwingen, die er zu stellen nicht mehr in der Lage war. Sein anklagendes „Warum?“ hing unausgesprochen zwischen uns und ich verweigerte ihm die Gnade einer Antwort mit stummer Entschlossenheit. Breitbeinig stand ich über ihm, die Arme überkreuzt und die Seele fest verschlossen, erwartete ich seinen letzten Atemzug, doch er machte es mir nicht leicht, hatte es mir niemals leicht gemacht und so wartete ich lange, bis er einen letzten, angestrengten Seufzer tat, der sich im schmutzigen Weiß des Himmels auflöste und verlor. Ich sah jener kleinen Atemwolke hinterher und gedachte der fragilen Flüchtigkeit der Dinge, als plötzlich hoch über meinem Kopf der jammernde Ruf eines Raben erscholl, der in meinen Ohren klang wie der vorwurfsvolle Schrei Gottes. Ich zuckte zusammen und schaute angestrengt nach oben, doch gab es dort nichts anderes zu sehen, als niederdrückende Wolkenberge, die sich grau in grau übereinander schoben und nichts zu hören, als mein eigenes, schnaufendes Atmen. Die Stille kehrte zurück auf die verlassenen Felder und mit ihr kroch feuchte Einsamkeit in meine klammen Glieder. Ich warf einen letzten Blick auf meinen Bruder, der erschlagen am Rand des Feldes lag, blutüberströmt und reglos auf der feuchten, kalten Erde. Dann drehte ich mich um und ging den gewundenen Feldweg zurück nach Hause. Der Rabe war fortgeflogen. Gott schwieg.

© sybille lengauer

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