Archiv für Juni, 2020

HELDENGESCHICHTEN_2020

Meine Geschichte „Der Techniker“ könnt ihr in dieser tollen Anthologie nachlesen. Hier eine Kopie der Beschreibung:

Wer sind die wahren Heldinnen und Helden in unserer Zeit?
Schon seit der Antike verehren Menschen Helden, die sich durch große und kühne Taten im Kampf auszeichnen. Manche Geschichten, die man sich über sie erzählt, gehören ins Reich der Mythologie, manche haben sich tatsächlich zugetragen oder haben zumindest einen wahren Kern.
Heutzutage denken wir bei dem Begriff „Held“ häufig an Menschen, die sich unerschrocken und mutig her-ausfordernden Aufgaben stellen und sich dabei oft für andere einsetzen.
Diese Alltagshelden können beispielsweise Feuerwehrleute, Polizist*innen, Ärzt*innen oder Pfleger*innen sein, aber auch Menschen, die in gefährlichen Situationen Zivilcourage zeigen und sich einmischen.
Auch die vielen fiktiven (Super-)Helden, die in ungewöhnlichen Kostümen und mit wehenden Umhängen in den letzten Jahren unsere Kinosäle bevölkert haben, werden gerne mit dem Thema assoziiert.
Doch das sind noch längst nicht alle Varianten. Wie unterschiedlich man das „Heldentum“ interpretieren kann, beweisen die 189 kreativen Einsendungen, die von unserem Schreiblust-Team gewissenhaft geprüft wurden. 41 davon haben wir für Sie ausgewählt.
Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung beim Schmökern. Vielleicht entdecken Sie beim Lesen sogar, dass auch in Ihnen ein Held oder eine Heldin steckt.
Vorwort von den Herausgebern Beate Fischer und Herbert Glaser
Autoren/Autorinnen:
Jana Luisa Aufderheide | Dagmar Baumann | Nicole A. Born | Bernd Daschek | Ngo Nguyen Dung | Agnes Decker | Aylin Duran | Meike Euler | Herbert Glaser | Melanie Gräfen | René Granacher | Birgit Hedemann| Kai Hölcke | Bernhard Horwatitsch | C.B. Jackson | Julia Kalchhauser | Karl-Otto Kaminski | Ulli Krebs | Christian Künne | Sybille Lengauer | Anja Liedtke | Vera Lörks | Karina Luger | Ella Marouche | Heidi Moor-Blank | Renate Müller | Sabine Reifenstahl | Lara Robbie | Khe Rubin | Katja Seebohm | Karin Seidner | Nele Sickel | Dieter Stiewi | Angela Stoll | Susan Tumbrel | Martin A. Völker | Michael Voß | Heike Weidlich | Ellen Westphal | Lydia Wobst | Manuel Zerwas

Das Cover hat Katharina Joanowitsch gestaltet.

Beate Fischer und Herbert Glaser (Hrsg.): Glühende Herzen, Schockstarre und verlassene Limousinen
Schreiblust-Verlag, Dortmund, Juli 2020.
350 Seiten, Taschenbuch, 10,90 Euro

ISBN: 978398201224

LINK zum Verlag

Cat-astrophen

Veröffentlicht: Juni 14, 2020 in Kurzgeschichten
Schlagwörter:, ,

Cat-astrophen

Richard ist schon wieder in Selbstmordstimmung. Er schläft nicht, isst nicht, trinkt zu viel. Liegt die ganze Nacht lang stoppelbärtig auf der Couch und starrt den Flimmerkasten an. Seufzt manchmal wehleidig in Richtung Telefon, aber den Hörer nimmt er nicht in die Hand. Eigentlich könnte mir egal sein, ob er sich umbringt oder nicht. Seit ich herausgefunden habe wie der Wasserhahn in der Küche funktioniert, könnte ich ihn einfach machen lassen. Verdient hätte er es ja, für so viel Dummheit. Jedes Mal verteilt er Berge von Trockenfutter in allen Zimmern, aber an ausreichend Trinkwasser denkt er nicht. Ich könnte nach seinem Tod wochenlang fressen bis ich platze, wäre aber nach kurzer Zeit verdurstet, schönen Dank auch. Eigentlich könnte es mir wirklich egal sein. Aber irgendwie habe ich mich so an ihn gewöhnt… Das ganze Elend begann vor einigen Monaten, als uns die Frau-mit-gutem-Geschmack verließ, ohne ihre Zahnbürste mitzunehmen. Sie ging nach einem lauten Streit beim Frühstück und kam nicht mehr zurück. Ich vermisse ihre selbstgemachten Heringshäppchen in Aspik, die sie auf einem hübschen Teller mit Goldrand servierte. Nicht im Napf, nein, auf dem Teller! Ich vermisse die funkelnden Armreifen an ihren Handgelenken, die so verführerisch klimperten, wenn sie zärtlich mein Fell streichelte. Seit sie uns verlassen hat, überflutet Alkohol das Haus, Richard schleppt oft große Einkaufstüten herbei, in denen Rotweinflaschen klirren. Ich kann es nicht leiden, dass er sich besäuft, also versuche ich seine Exzesse zu verhindern. Ich habe bereits sämtliche Weingläser zu Boden geworfen, den Korkenzieher hinter dem Katzenklo versteckt und auf die Einkaufstüten gepinkelt. Aber Richard hat nur stoisch meine Pisse weggewischt, die Flaschenkorken mit dem Daumen eingedrückt und den Wein aus einem Senfglas getrunken. Zur Strafe habe ich einmal in seine Turnschuhe gemacht, doch auch das hat er wortlos hingenommen und die Schuhe einfach weggeworfen. Schließlich ging die Sache mit dem Trockenfutter los. In jedes Zimmer stellte er eine Schüssel voll, jeder Raum eine andere Geschmacksrichtung. Erst dachte ich, er wäre endlich vernünftig geworden und wolle sich für sein widerwärtiges Verhalten der letzen Zeit entschuldigen. Doch als er dann bei Kerzenschein und schummriger Musik in die Badewanne kletterte und weinend nach einer Rasierklinge griff, erfasste ich den wahren Grund seiner Großzügigkeit. Ich rettete sein Leben durch einen beherzten Sprung in die Wanne, ein Akt der spontanen Nächstenliebe, den ich im selben Moment bereute. Fast hätte ich ihn selbst zu Tode geschnetzelt, wir überlebten nur knapp und mit angeschlagener Würde. In den darauffolgenden Tagen ging es ein wenig bergauf mit ihm, Richard trank weniger, brachte die Wohnung in Ordnung und kaufte ein neues Kratzbrett für meine Spielecke. Die Futterberge verschwanden aus den Zimmern, was ich heimlich bedauerte, dafür schenkte er mir mehr Aufmerksamkeit und Wärme. Doch mein Glück hielt nicht lange an, Richard begann rasch wieder in seiner Traurigkeit zu versinken. Als er die Futterschüsseln erneut in die Zimmer stellte, war ich vorgewarnt. Ich beschloss, ihn besser nicht aus den Augen zu lassen, legte mich auf seinen Schlüsselbund und stellte mich schlafend. Während Richard fluchend die Wohnung auf den Kopf stellte, wich ich nicht von meinem Platz und fauchte, wenn er mir zu nahe kam. Ich lag auf dem Schlüsselbund, bis Richard die Suche aufgab und murrend den Flimmerkasten einschaltete.
Dieses Schlüsselspiel spielen wir seither alle paar Tage. Wenn Richard komisch wird liege ich schneller auf dem Schlüsselbund, als er blinzeln kann. Natürlich weiß ich, dass der Kampf so nicht zu gewinnen ist, aber was soll ich schon anderes tun? Ich bin nur ein verdammter Kater. Ich werde also die Rasierklingen verstecken und auf seinem Schlüsselbund schlafen, bis er das Schlimmste überwunden hat. Auch wenn es mir eigentlich egal sein könnte. Aber irgendwie habe ich mich so an ihn gewöhnt.

© sybille lengauer

Mordbilder

Veröffentlicht: Juni 4, 2020 in Politisches
Schlagwörter:, , ,

Mordbilder
(George Floyd)

Es ist ein Mord geschehen.
Ich hab es gesehen.
Hab genau hingesehen.
Es ist Unrecht geschehen.
Ich hab es gesehen.
Es ist Unrecht geschehen.
Ich hab es gesehen.
Hab genau hingesehen.
Hab genau hingesehen.
Es ist ein Mord geschehen.
Es ist ein Mord geschehen.
Ich hab es gesehen.
Hab genau hingesehen.
Es ist Unrecht geschehen.
Ich hab es gesehen.
Es ist Unrecht geschehen.
Ich hab es gesehen.
Hab genau hingesehen.
Hab genau hingesehen.
Es ist ein Mord geschehen.
Es ist ein Mord geschehen.

(c) sy lengauer