Archiv für März, 2021

Im Bunker

Donnerstag, 14. Februar 2041, Uhrzeit 2:43, 

Wieder schlecht geschlafen. Das unregelmäßige Surren der Luftaustauschpumpe hat mich die ganze Nacht wach gehalten. Man könnte meinen, dass ich mich nach all den Jahren an dieses elende Scheißgeräusch gewöhnt hätte. Sieht leider nicht so aus. Sieht vielmehr so aus, als könnte ich es mittlerweile noch weniger ertragen. Bin wohl dünnhäutiger geworden. Sensibler. Reizbarer. Einsamkeit stellt so etwas mit einem an. Untergräbt jedes noch so stabile geistige Fundament, bis nichts weiter übrig bleibt als löchriger Schweizer Käse. Oder französischer Brie de Meaux, innen butterweich und außen deliziös angeschimmelt. Ich könnte noch hundert weitere Käse-Analogien aufzählen. Oder es bleiben lassen. Ich vermisse Käse – ich vermisse frische Milch und den Geschmack von heißem Kakao. Ich vermisse so vieles… Ich sollte nicht darüber nachdenken, das tut mir nicht gut. Werde heute weiter am Periskop arbeiten. Ich muss endlich einen Blick auf die Außenwelt haben, selbst wenn ich nur verbrannte Erde und atomverseuchte Felsen zu Gesicht bekomme – ich muss die Oberfläche wiedersehen.  Uhrzeit 22:53, Nachtrag: Die Konservendosen von SB sind verdorben. Habe stichprobenartig achtzehn Dosen geöffnet, keine ist noch genießbar. Werde eine weitere Wurmkiste anlegen müssen, um die Mengen an organischem Abfall zu bewältigen. Gibt zumindest mehr Dünger, man muss es positiv sehen.Morgen nicht vergessen: Wasserfilter reinigen!

Freitag, 15. Februar 2041 Uhrzeit 3:27

Verdammt lange Nacht. Die innere Unruhe entwickelt sich immer mehr zur schlechten Dauergewohnheit. Kaum lege ich mich ins Bett beginnt das Hirn zu rotieren. Spielt mir Szenen aus der Kindheit vor, oder wiederholt Gespräche, die ich vor Jahrzehnten geführt habe (oder vielleicht niemals geführt habe, sondern nur gerne geführt hätte, weil ich ein feiger Hund war und mich nicht getraut habe den Mund aufzumachen). Stundenlang wandern die Gedanken wie frei umherstreifendes Wild durch meinen Schädel und ich finde nicht in den Schlaf. Birgit nannte es immer: „Den Dreh nicht finden“ und ich glaube, das drückt es ganz gut aus. Ich finde den Dreh einfach nicht mehr, schlafe nur noch auf Raten, wenn die Erschöpfung überhand nimmt. Ich brauche endlich eine neue Perspektive, sonst… Werde heute die neue Wurmkiste anlegen und die Konserven überprüfen und, sofern noch Zeit bleibt, weiter am Periskop arbeiten. Sollten wirklich alle Dosen von SB verdorben sein, wäre das ein herber Rückschlag. Hätte mich voll auf Trockennahrung und Indoor Plants verlassen sollen. Hinterher ist man immer schlauer. Uhrzeit 22:56, Nachtrag: Nicht nur SB ist komplett verdorben, auch alle Stichproben der Konserven von RationX sind hinüber. Das macht ganze 286 Dosen. Hätte mir die neue Wurmkiste sparen können, bei den Mengen macht die kaum einen Unterschied. Morgen nicht vergessen: Rationsbuch aktualisieren!

Samstag, 16. Februar 2041, Uhrzeit 2:56,

Schon wieder nur drei Stunden geschlafen. Mein Körper fühlt sich an als wäre er durch eine gewaltige Nudelmaschine gewalzt worden, jedes Gelenk schmerzt, jeder Muskel brennt sauer. Werde heute Vormittag ein ausgedehntes Sportprogramm absolvieren, um meine Beweglichkeit wiederherzustellen. Außerdem werde ich das abendliche QiGong um einige Atem- und Dehnungsübungen erweitern, hatte heute Nacht genug Zeit ein paar Anleitungen aus den Büchern zu studieren. Ich muss mich eindeutig besser um meine körperliche Verfassung kümmern, alle meine Wirbel und Gelenke knacken und krachen und ich warte nur darauf, dass meine Arme und Beine einfach vom Rumpf abfallen, plop, plop, plop, plop, und schon kullern sie auf dem Boden hin und her. Mein Kopf darf gerne gleich mit abfallen und in die hinterste Ecke des Bunkers rollen, dann sehe ich nichts mehr als Dunkelheit und kann endlich zur Ruhe kommen. Habe keine Lust heute am Periskop zu schaffen, werde nachmittags puzzeln und leichte Musik hören. Selbstverständlich weiß ich, dass eigentlich der Sonntag für Puzzles und Entspannungsmusik reserviert ist, aber der Samstag Nachmittag liegt so nah am Sonntag, da kann man schon mal eine Ausnahme machen. Uhrzeit 11:48, Nachtrag: Sport ist Mord – morgen habe ich bestimmt fürchterlichen Muskelkater. Hat trotzdem gut getan, mir ist warm bis in die Knochen. Uhrzeit 22:15 Ich habe Puzzle 36 komplettiert! 10.000 Teile und nun ist jedes an seinem Platz. Das Pferdemotiv ist ein wenig kitschig, aber das wusste ich ja schon vorher. Trotzdem ein wunderbares Gefühl, wie jedes Mal. Zum Glück ist morgen Sonntag, da kann ich in Ruhe abbauen und mit den Vorbereitungen für Puzzle 37 beginnen. Ich liebe es gemütlich im Sessel zu sitzen und die vielen kleinen Teile zu sortieren, die glatten Randstücke herauszusuchen und dabei die Gedanken treiben zu lassen. Morgen wird ein guter Tag. Morgen nicht vergessen: Generator warten!

Sonntag, 17. Februar 2041, Uhrzeit 5:51

Das Sport- und Entspannungsprogramm hat sich erstaunlich positiv ausgewirkt, ich habe sechs zusammenhängende Stunden geschlafen und fühle mich wie neu geboren. Vermutlich habe ich diese Beobachtung bereits früher notiert, weil ich sie immer wieder mache – ich bin besser ausgeruht, wenn ich eine gerade Anzahl von Stunden geschlafen habe. Zum Beispiel 4, 6 oder 8 Stunden. Die ungeraden, also 5, 7 oder 9 Stunden, vertrage ich nicht so gut, dann komme ich einfach schlechter in die Gänge und werde oft den ganzen Tag nicht richtig wach. Liegt wahrscheinlich an den REM-Phasen oder so, aber was weiß ich schon. Werde heute Puzzle 37 vorbereiten und den Hausputz erledigen. Ist mächtig was liegen geblieben über die letzten Tage. Duschen sollte ich auch dringend, ich weiß gar nicht, warum mir die Körperpflege manchmal so schwer fällt, warum ich mich an manchen Tagen förmlich überwinden muss, mir die Zähne zu putzen oder das Haar zu kämmen. Sind das vielleicht schon Anzeichen einer Depression oder bin ich einfach nur träge und faul geworden? Steckt nicht in uns allen ein ungepflegter Höhlenmensch, der sich nach einem gemütlichen Schlammbad in der Sonne sehnt? Nach der Sonne sehne ich mich tatsächlich, aber lassen wir das… Uhrzeit 09:07, Nachtrag: Seltsame Geräusche an der Außentür des Bunkers. Ein dröhnendes Klopfen, laut und sehr kräftig, als wollte jemand oder ETWAS unbedingt herein. Aber da draußen kann doch niemand sein, oder? Habe ich Halluzinationen? Bilde ich mir die Geräusche nur ein, habe ich eine solche Sehnsucht nach Kontakt, dass ich sie herbeiträume? Ich muss endlich das verfluchte Periskop fertigstellen, das hat ab heute absolut oberste Priorität, ich darf nicht weiter blind hier unten hocken und auf das Beste hoffen. Uhrzeit 23:54 Nachtrag: Die seltsamen Geräusche haben sich noch weitere 2 Mal wiederholt, um 12:35 und um 18:05 Uhr. Wer auch immer dieses laute Klopfen verursacht, versucht offenbar in den Bunker zu gelangen. Ich würde lügen, wenn ich behaupte keine Angst zu haben. Ach, was soll das Gefasel – ich scheiße mir fast in die Hose! Wer oder was könnte den totalen Atomkrieg überlebt haben? Kriechen da draußen abscheulich verunstaltete Gestalten über die sterilisierte Welt, um in den Trümmern der Städte nach kläglichen Resten zu suchen, die sie zum überleben brauchen? Ziehen Horden verhungernder Mutanten über die gottverlassene Erde, blutgierig und halb wahnsinnig vor Schmerz? Halt, die Fantasie geht mit mir durch. Angst stellt die sonderbarsten Dinge mit meinem Gehirn an. Trotzdem, das Periskop muss zwingend fertig werden.Morgen nicht vergessen: Nicht verrückt werden!

Montag 18. Februar 2041, Uhrzeit 7:45

Ich habe kein Auge zugetan. Diesmal hat die Schlaflosigkeit allerdings einen konkreten Grund, das Klopfen hat mitten in der Nacht wieder begonnen und hört seitdem nicht mehr auf. Irgendjemand oder IRGENDETWAS will hier herein! Die Außentür ist zwar extrem stabil und auch die Innentür ist nicht ohne Weiteres aufzubekommen, aber ich werde trotzdem Vorbereitungen für eine direkte Konfrontation treffen müssen. So einfach bekommt ihr mich nicht, ihr verdammten Bastarde!  Uhrzeit 12:28, Nachtrag: Das Klopfen hat auch den ganzen Vormittag angehalten, erst vor wenigen Minuten ist es endlich ruhig geworden. Ich überlege die Außentür nach Schäden zu überprüfen, aber ich kann mich nicht dazu überwinden die Innentür zu öffnen. Drei Mal war ich schon kurz davor, aber sobald ich den Schlüsselbund in die Hand nehme und mich der Tür nähere, bekomme ich so ein seltsames Zittern am ganzen Körper, der Magen krampft, Schweiß bricht aus – ich kann es einfach nicht. Werde heute Nachmittag an der Verteidigung des Bunkers feilen, auch wenn ich lieber das Periskop weiter voranbringen würde, ich muss erst zwingend für meine Sicherheit sorgen. Uhrzeit 22:46, Nachtrag: Den ganzen Nachmittag wieder das Klopfen. Ohrenbetäubend laut und dröhnend. Kann mich gar nicht mehr konzentrieren, kein klarer Gedanke ist zu fassen, alles fließt chaotisch auseinander. Werde mich morgen zwingen (!) die Innentür zu öffnen, und sei es nur, um im Zwischengang Fallen aufzustellen. Morgen nicht vergessen: Unbedingt die Pflanzen gießen!

Dienstag 19. Februar 2041, Uhrzeit 7:48

Die Außentür ist aufgebrochen worden – die Eindringlinge sind in den Zwischengang vorgedrungen. Heute morgen um 7 Uhr erschütterte eine gewaltige Explosion den Bunker, es krachte und die Erde bebte, ich hatte panische Angst, dass mir der Bunker über dem Kopf zusammenbricht, obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste. Jetzt schlagen sie heftig gegen die Innentür und ich könnte mich verfluchen, weil ich den Zwischengang nicht gestern schon vermint habe. Heute ist es zu spät und so wie es aussieht, wird es nur noch eine Frage von Stunden sein, bis sie hier drinnen sind. Aber ich werde es ihnen nicht leicht machen, oh nein! Meine Vorräte gibt es nicht kampflos abzustauben! Uhrzeit 13:15, Nachtrag: Dieses ständige Klopfen und Hämmern macht mich total mürbe – ich halte das nicht aus! Es dröhnt in meinen Ohren, vibriert in meinen Zähnen und mit jedem Schlag, der von außen gegen die Tür des Bunkers knallt, fühle ich mich verletzlicher, angreifbarer und ganz und gar hilflos. Ich hocke hier, völlig auf mich allein gestellt, bin bis an die Zähne bewaffnet und kann doch nur warten und hoffen…

Mittwoch 20. Februar 2041, Uhrzeit 15:30

Ich habe Frederick Zimmermann erschossen. Ich weiß gerade nicht wie ich es anders formulieren soll, also sage ich es lieber wie es ist: Ich hab’ den alten Freddy über den Haufen geschossen. Wie hätte ich aber auch wissen sollen, dass es ausgerechnet meine ehemaligen Nachbarn waren, die aus reiner Neugierde in den Bunker eingedrungen sind? Wie hätte ich bitte ahnen können, dass da oben alles noch beim Alten ist und sie alle dachten, ich wäre vor Jahren nach Amerika ausgewandert, ohne mich zu verabschieden? Aber ich erzähle besser der Reihe nach, denn es ist viel passiert. Gestern Abend, kurz vor 22:30 Uhr, gab die Innentür des Bunkers nach. Ich hatte mich in sicherer Entfernung verbarrikadiert und feuerte eine Ladung Schrot ab, sobald der erste Eindringling seinen hässlichen Schädel durch die aufgebrochene Türe schob. Sein Kopf platzte wie ein Ei in der Mikrowelle und ich hörte aus dem Zwischengang schreckliche Schreie, die mir seltsam vertraut erschienen. Stellt sich doch glatt heraus, der zerschossene Kopf gehörte meinem guten Bekannten Freddy Zimmermann. In seinem Schlepptau Adrian Müller, Thorsten Weber und Karsten Schröter, die alle hysterisch durcheinander schrieen wie aufgeschreckte Hühner und wer will es ihnen verdenken, immerhin hatte ich gerade ihren besten Freund mit meiner Schrotflinte enthauptet und der Anblick war nicht gerade angenehm. Fast hätte ich Adrian Müller auch noch erschossen, doch im letzten Moment hielt mich der Klang seiner Stimme zurück, er schrie und bettelte um sein Leben und da dachte ich nur bei mir: „Komisch, das Gejammer kennst du doch?“ – und so war es dann auch. Habe mich natürlich sofort entschuldigt und die Waffe aus der Hand gelegt, war ja ein schlimmes Missverständnis und da muss man die Größe besitzen seinen Fehler zuzugeben. Adrian Müller ist trotzdem ohnmächtig zusammengebrochen, aber der hat ja noch nie viel aushalten können. Und weil ich gerade dabei bin von Fehlern zu sprechen: es war wohl auch ein Fehler in den Bunker zu ziehen. Der Atomschlag ist nämlich nie passiert. Klar, es gab Krieg zwischen Indien und China und wenn ich meine alten Nachbarn richtig verstanden habe, war dieser auch kein Zuckerschlecken, aber die totale Vernichtung ist wohl ausgeblieben, die Erde dreht sich munter weiter. Ich war die letzten zwanzig Jahre praktisch umsonst in meinem Bunker. Karsten Schröter konnte sich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen und es hat nicht viel gefehlt, ich hätte ihn für seine Gehässigkeit erschlagen. Ich bin ziemlich frustriert, das muss ich zugeben. Die drei haben sich dann auch ziemlich zügig wieder verabschiedet. Den armen, alten Freddy haben sie natürlich mitgenommen, wobei Teile von ihm doch noch hier unten geblieben sind, an den Wänden und auf dem Boden verteilt. Ich hoffe, er nimmt es mir nicht allzu übel. Jetzt warte ich auf ihre Rückkehr, sie haben versprochen mich abzuholen und nach oben zu begleiten, sobald sie sich um den guten Fred gekümmert haben. Ich bin wirklich unsicher und weiß gar nicht zu sagen, ob ich mich darüber freuen soll oder nicht…

© sybille lengauer

PressWurst #3

Veröffentlicht: März 24, 2021 in Neuigkeiten
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Liebe Lesende,
ganz hervorragend ist sie gelungen, die nunmehr dritte Ausgabe der PressWurst, daher wird mein Belegexemplar auch streng von der kleinen Punkette bewacht! Schon auf der ersten Seite wagt die PressWurst etwas Farbe und wow, das steht ihr richtig gut. Man sollte also ruhig einen scheuen Blick riskieren, aber Vorsicht: es könnte sein, dass man ganz plötzlich auf unerhört gute Gedichte stößt oder sich in einer kleinen, feinen Geschichte verliert…

(PressWurst #3, Thema Glück/Unsglück, Hrsg Christoph Kleinhubbert/Roland Adelmann, Rodneys Underground Press Link zu Rodneys)
Mit Texten und Bildern von:
Daniel Anhut, Antoinette, Michael Blümel, Chris Bose, Marvin Chlada, Fatima Djamila Wollgast, Matthias Engels, Thomas Günther, Felix Martin Gutermuth, Theo Heimann, Wolfgang Hermann, Harald Kappel, Boris Kerenski, Marco Kerler, Roland Adelmann, Christoph Kleinhubbert, Sybille Lengauer, Thorsten Nesch, Jörg Neugebauer, Markus Prem, Angelina Sdunek,.

Die Worte fliegen hoch

Veröffentlicht: März 21, 2021 in Gedichte

Die Worte fliegen hoch

Alle meine Worte fliegen davon,
Im Blau des Himmels,
Möwengleich,
Sonnengebleicht,
Wolkenweiß,
Die fliegenden Worte,
Und ich träume mit offenen Augen,
Träume vom Frieden,
Der alle eint,
Träume von Freiheit,
Die jeden meint,
Alle meine Worte fliegen davon,
Im Glanz der Sonne,
Schwalbenweich,
Federleicht,
Himmelsweit,
Die fliegenden Worte.

© sybille lengauer

Ganz, ganz wunderbar gelesen:

Sonnenaufgang

Wie du tastend dich emporhebst,
Aus der düsteren Umarmung.
Deine Farben augenschmeichelnd,
Mit der Dunkelheit verwebst.
Wie du die Stille singend machst,
Weil tausend Vogelkehlen rufen:
„Halleluja! Wir sind Leben!“

Wie die Nacht zerschellt,
Wie die Nacht zerbricht,
An deinem Licht.

Wie du den Mond verblassen lässt,
Seinen Platz am Himmel forderst.
Die andern Sterne absorbierst,
Mit stummer Unausweichlichkeit.
Wie du das Himmelsschwarz zerfaserst,
Derweil die Vogelseelen singen:
„Halleluja! Wir sind Leben!“

Wie die Nacht zerschellt,
Wie die Nacht zerbricht,
An deinem Licht.

© sybille lengauer

Geister

Veröffentlicht: März 18, 2021 in Kurzgeschichten
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Geister

Pensionär Julius Schubert schlurfte bronchitisch keuchend den schmalen Flur seiner abgewohnten Zwei-Zimmer-Wohnung entlang, die im Parterre eines ebenso heruntergekommenen Mehrfamilienhauses lag. Mit akribischer Sorgfalt berührte er die linke Wand des schlauchartigen Flures an bestimmten Stellen, an denen die vergilbte Raufasertapete bereits ganz abgewetzt und bräunlich verfärbt war von den vielen Malen, die er sie im Lauf der Jahre angefasst hatte. Manchmal musste er stöhnend auf die Knie gehen, die unter der Belastung arthritisch knackten, oder sich ächzend bis unter die dunkelgetäfelte Flurdecke recken, um gewisse Stellen der Wand erreichen zu können und dabei zählte er laut, wie oft der betreffende Fleck von seinem knorrigen Zeigefinger berührt worden war. „Eins-Zwei-Drei-Vier-Fünf-Sechs-Sieben“, haspelte er gepresst, während sein Finger in schnellem Tempo auf die abgegriffene Tapete klackte, sein Kopf ruckte vor und zurück, als wolle er das Gesprochene dadurch bestätigen, dann wandte er sich ächzend der nächsten Stelle zu. „Eins-Zwei-Drei-Vier-Fünf-Sechs-Sieben“, zählte er wieder, sein Kopf ruckte und schon quälte er sich weiter voran, immer an der Wand entlang, so ging es eine ganze Weile. Als Herr Schubert endlich am Ende des Flures angekommen war blieb er keuchend vor der Wohnungstür stehen, die durch sieben Türketten aus Nickel gesichert und fest abgeschlossen war. Er löste jede Kette, legte sie neu an, löste sie erneut und wiederholte dieses Prozedere siebenmal hintereinander, wobei er ebenfalls laut mitzählte, kaum war er fertig, bearbeitete er auch schon die rechte Wand des Flures, Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap machte sein schwieliger Zeigefinger an der speckigen Tapete. Anschließend wankte er japsend in die kleine, schrecklich unaufgeräumte Einbauküche, um dort alle Herdknöpfe zu drehen, immer auf die höchste Stufe und wieder auf Null, bis er jeden Knopf sieben Mal hin und her gedreht hatte, dann öffnete und schloss er die Kühlschranktür und zählte auch dabei laut bis sieben. Mehr als eineinhalb Stunden waren auf diese Weise verstrichen, Julius Schubert lehnte sich sichtlich erschöpft gegen die schmutzstarrende Küchenspüle und warf einen besorgten Blick auf die runde Uhr aus silbernem Kunststoff, die über der Küchentür hing und unangenehm laut tickte. „Ganz unmöglich“, japste der alte Herr atemlos, sein Brustkorb pumpte von der schweren Anstrengung, seine Knie zitterten und Schweiß rann in Strömen von seiner fleckigen Stirn, „schneller schaffe ich es einfach nicht mehr.“ Die Wanduhr wackelte, fiel krachend auf den klebrigen Küchenfußboden und zerbrach in sieben Teile. Herr Schubert zuckte erschrocken zusammen, er beeilte sich die zerbrochenen Stücke aufzuheben und auf die dreckige Küchenarbeitsplatte zu legen. „Es tut mir leid, ich werde mich mehr anstrengen“, versicherte er ängstlich, doch nun öffnete sich die Besteckschublade, alle Löffel, Messer und Gabeln schossen in hohem Bogen hervor und landeten klirrend zu seinen Füßen, die in schäbigen, löchrigen Stoffpantoffeln steckten. „Bitte! Ich verspreche es“, wimmerte Julius Schubert, in seinen Augen glänzten Tränen, stöhnend bückte er sich nach dem verstreuten Besteck und packte es unsortiert zurück in die Schublade.
*
Sozialarbeiter Marius Horn blätterte konzentriert in einer der zerfledderten Akten, die ihm von seiner Kollegin Myriam Schnellwasser übergeben worden waren, bevor sie sich augenzwinkernd in den langersehnten Sommerurlaub verabschiedet hatte. Mit ärgerlich gerunzelter Stirn las er ihre lückenhaften Einträge und lieblos formulierten Notizen über einen gewissen Julius Schubert (71 Jahre alt, alleinstehend), den er stellvertretend für Frau Schnellwasser betreuen sollte, bis diese in drei Wochen von den Kanarischen Inseln zurückgekehrt war. „Schwierig, schwierig“, murmelte Marius Horn, während er in einem Gutachten über Herrn Schuberts psychischen Zustand blätterte. Er griff nach seiner übergroßen Kaffeetasse, auf der in kindlich gekrakelten Buchstaben ‚Für den bestesten Papi der Welt‘ geschrieben stand und trank einige Schlucke lauwarmen Kaffee, ohne von den eng beschriebenen Seiten aufzuschauen. Was er las, ließ ihn zu der unangenehmen Überzeugung gelangen, dass man einen Fall wie Herrn Schubert, der offenbar glaubte von zwei bösen Geistern verfolgt und beherrscht zu werden, deutlich engmaschiger Betreuen müsste, als das bisher unter der Obhut von Frau Schnellwasser geschehen war. Übellaunig wünschte er der arbeitsscheuen Kollegin die Pest an den Hals oder zumindest einen möglichst unerfreulichen, weil verregneten Urlaub. Er beschloss Herrn Schubert schnellstmöglich zu kontaktieren, um einen besseren Einblick in dessen psychische und physische Verfassung zu erlangen und gegebenenfalls weitere Unterstützungsmaßnahmen in die Wege zu leiten und genau so schrieb er es auch in die Akte.
*
Julius Schubert schrak wimmernd aus seinem wohlverdienten und ebenso wohlbenötigten Mittagsschläfchen, das er täglich zwischen zwölf und dreizehn Uhr dreißig zu absolvieren pflegte, sofern es die Geister gestatteten. Unentwegtes Klingeln an der Wohnungstür ließ ihn stöhnend von der abgewetzten Wohnzimmercouch auffahren und hektisch die dünne Sofadecke von sich werfen, in die er sich wie in einen fadenscheinigen Kokon eingewickelt hatte. „Einen Moment“, rief er halb schlafend, halb wachend und rieb mit seinen schwieligen Händen kräftig über sein runzliges Gesicht, um die lähmende Müdigkeit aus seinen Knochen zu vertreiben, dann schlüpfte er mit ungelenken Bewegungen in seine löchrigen Pantoffeln, schlurfte auf schmalen Pfaden aus dem altmodisch möblierten Wohnzimmer, das vom Boden bis zur Zimmerdecke mit windschiefen Zeitungs- und Bücherstapeln vollgestopft war und wankte eiligen Schrittes in den schmalen, dunklen Flur.
Marius Horn, der sich nach unzähligen erfolglosen Versuchen Herrn Schubert telefonisch zu erreichen zu einem persönlichen Kontrollbesuch entschlossen hatte, nahm zufrieden grunzend den Daumen vom rostigen Klingelknopf, als er das Rumoren des Alten aus dessen Wohnung vernahm. Er hatte die Eingangstür des heruntergekommenen Mehrfamilienhauses unverschlossen vorgefunden und Herrn Schuberts Wohnung ohne Schwierigkeiten ausmachen können, bewaffnet mit einer dicken kunstledernen Aktentasche und einer großen Portion künstlich aufgesetztem Enthusiasmus wartete er im schlecht beleuchteten Stiegenhaus, in dem es intensiv nach einer Mischung aus dreckigen Windeln, Kohlgemüse und saurem Achselschweiß roch. Angestrengt lauschte er auf die Geräusche, die aus der Wohnung an seine neugierig gespitzten Ohren drangen, Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap, hörte er leise, Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap-Tap und Herr Horn hätte schwören können, manchmal gequältes Wispern zu vernehmen. „Geht es Ihnen gut, Herr Schubert?“, rief der Sozialarbeiter ehrlich besorgt. „Nur – einen – Augenblick!“, keuchte eine dünne, zittrige Stimme zur Antwort. Fünfundzwanzig Minuten später stand Marius Horn noch immer im stinkenden Stiegenhaus und wartete; den Blick zähneknirschend auf seine digitale Armbanduhr geheftet. Ein plötzliches Schaben und Kratzen ließ ihn aufmerken, er hörte wie eine Türkette ratschend zurückgezogen wurde und holte schon hoffnungsvoll Luft, um Herrn Schubert mit einem Schwall warmer Worte zu begrüßen, wenn dieser endlich die verdammte Tür öffnete, doch sein vorschneller Optimismus verpuffte ebenso wirkungslos wie sein angestauter Atem, denn die Wohnungstür blieb auch weiterhin fest verschlossen und nur das ratschende Geräusch wiederholte sich mit enervierender Regelmäßigkeit. Endlich, nach zehn weiteren, quälend langsam verstreichenden Minuten, öffnete ein zutiefst erschöpfter und leichenblasser Julius Schubert die Wohnungstür, benommen von der kräftezehrenden Anstrengung taumelte er in die weichen Arme des überraschten Sozialarbeiters. Marius Horn konnte den zittrigen Alten gerade noch auffangen und einen schweren Sturz verhindern, erschrocken fühlte er während der unfreiwillig innigen Umarmung, wie knochig und fragil der alte Herr unter seiner zerlumpten Kleidung war. Vorsichtig führte er Herrn Schubert zurück in dessen düstere Wohnung, geleitete ihn durch den langgezogenen Flur bis in das chaotisch vollgestopfte Wohnzimmer, wo er ihn behutsam auf die schmuddelige Couch verfrachtete und endlich die Zeit fand, sich förmlich vorzustellen. Julius Schubert versuchte den hilfsbereiten Sozialarbeiter angemessen zu begrüßen, doch ihm fehlte der nötige Atem, japsend lehnte er in einer Ecke der Couch und rang nach Luft, seine Lippen waren stark bläulich verfärbt, seine Augen quollen weit hervor, instinktiv presste er die rechte Hand auf die Brust, um sein wild galoppierendes Herz zu beruhigen. „Ich werde den Notarzt verständigen“, bemerkte Marius Horn, der den Alten mit besorgtem Stirnrunzeln musterte und einen Kreislaufkollaps oder sogar einen Herzinfarkt befürchtete. Julius Schubert riss bei diesen Worten ängstlich den Mund auf und begann nervös zu hyperventilieren, „Bitte! Kein Arzt!“, röchelte er panisch, doch der Sozialarbeiter ließ sich nicht umstimmen.
*
Marius Horn saß vornübergebeugt am Schreibtisch seines privaten Arbeitszimmers und dokumentierte, wie üblich, die Ereignisse des Tages. Der schwierige Termin bei Herrn Julius Schubert erforderte seine volle Konzentration, gewissenhaft tippte er seine Eindrücke in den altgedienten Computer, manchmal warf er einen Blick auf seine handschriftlichen Notizen, die er direkt nach dem Termin angefertigt hatte. Der nervlich zerrüttete Herr Schubert hatte sich leider mit Händen und Füßen gegen eine Untersuchung durch den Notarzt gewehrt und war schließlich so dramatisch kollabiert, dass er in ein Krankenhaus verbracht werden musste. Marius Horn schrieb darüber einen minutiös genauen Bericht und sparte nicht mit Einzelheiten über den bedenklichen Zustand des gebrechlichen Seniors und der vermüllten Wohnung, nur ein kleines Detail ließ er absichtlich beiseite, weil er nicht wusste, wie er es in die Dokumentation einbauen sollte und sich vielleicht auch ein wenig schämte: Er hatte dem völlig aufgelösten Herrn Schubert an der Krankenbahre geschworen sich um dessen ‚Geister‘ zu kümmern, solange dieser nicht dazu in der Lage war. Natürlich konnte er jetzt, in der komfortablen Behaglichkeit seines gemütlichen Arbeitszimmers, nur noch peinlich berührt den Kopf schütteln über diesen unprofessionellen Patzer, doch als er die zittrige Hand des Alten gehalten und in dessen schreckensgeweitete Augen geschaut hatte, da war es ihm nur menschlich erschienen den Ärmsten mit einem Lippenbekenntnis zu beruhigen. Marius Horn seufzte ergeben und beschloss, dass sein Bericht auch ohne diese kleine Einzelheit vollständig genug sei. Er ließ ebenso unerwähnt, dass er in der Sekunde des Versprechens einen unangenehm kalten Schauer verspürte, der die feinen Härchen an seinem Nacken zu Berge stehen ließ und verschwieg außerdem, dass er für einen mikroskopisch kleinen Moment gedacht hatte, dass dieser Schwur möglicherweise der schlimmste Fehler seines Lebens gewesen war. Stattdessen formulierte er komplizierte Schachtelsätze über Herrn Schuberts verwahrlosten Zustand und die nötigen Hilfsmaßnahmen, die in seinen Augen dringend erforderlich waren. Gedankenverloren tastete er nach seiner Wasserflasche, die immer auf dem Schreibtisch gleich neben der Tastatur bereitstand, um seine kratzig trockene Kehle mit einem Schluck Mineralwasser zu befeuchten, doch seine Finger griffen wiederholt ins Leere. Marius Horn wandte irritiert den Blick vom Bildschirm und blinzelte verdutzt; die Wasserflasche schwebte wenige Zentimeter neben dem Tisch und drehte sich langsam in der Luft. „Was zur Hölle?“, hauchte er verblüfft. „Hölle ist ein gutes Stichwort“, flüsterte eine helle Kinderstimme nah an seinem linken Ohr und ein grässliches Lachen erfüllte das Zimmer, die Wasserflasche knallte wuchtig auf den Fußboden und zerbrach mit lautem Klirren, das Mineralwasser schoß aus dem berstenden Flaschenhals und spritze bis zur Zimmerdecke. Marius Horn zuckte erschrocken zurück und sah sich hektisch nach allen Seiten um, „Ist da jemand?“, fragte er eingeschüchtert und kam sich dumm dabei vor. „Ist da jemand?“, äffte die unsichtbare Kinderstimme und ein gehässiges Kichern ertönte. Marius Horn fuhr in Sekundenschnelle von seinem Stuhl, als ein eiskalter Atemzug sein Genick streifte, „Was soll der Unsinn? Ich finde das nicht witzig!“, herrschte er betont zornig, um seine lähmende Verunsicherung zu übertünchen. „Ich schon“, gluckste die Stimme an seinem Ohr. „Ich auch“, raunte eine zweite, dunklere Stimme und Marius Horn hatte den Eindruck, als spräche sie direkt über seinem Kopf, zögerlich verdrehte er die Augen, um vorsichtig nach oben zu linsen, doch an der Zimmerdecke war nichts zu sehen, außer einem frischen Wasserfleck. „Das ist ein dummer Trick“, sagte er und versuchte möglichst unbeeindruckt zu klingen. „Du bist ein dummer Trick.“
Die Stimme klang plötzlich entsetzlich gefühllos und harsch, alle Lampen im Arbeitszimmer platzten mit einem satten Knall und der Computer implodierte.
*
Julius Schubert lag in einem modernen Pflegebett und schlummerte friedlich in der unauslotbar tiefen Umarmung der starken Beruhigungsmittel, die ihm seit seiner Einlieferung vor zwei Tagen in großzügigen Dosen verabreicht worden waren, als Marius Horn plötzlich in das abgedunkelte Krankenzimmer stürzte, ohne vorher anzuklopfen. „Helfen Sie mir!“, schrie der Sozialarbeiter händeringend, während er ans Bett des alten Mannes stolperte und das Bettlaken umklammerte wie ein Ertrinkender eine rettende Boje. Julius Schubert tauchte nur langsam aus seinen watteweichen Träumen auf, verschlafen blinzelte er zu dem aschfahlen Gesicht empor, das sich hilfesuchend über ihn beugte, ihm jedoch nur entfernt vertraut erschien. „Kennen wir uns?“, fragte er freundlich oder versuchte es zumindest, denn das Beruhigungsmittel ließ ihn nur schwer verständlich nuscheln. Marius Horn schüttelte sich, als litte er unter starken Krämpfen, er fiel vor dem Bett auf die Knie und begann hysterisch zu schluchzen. „Nehmen Sie sie zurück, bitte, nehmen Sie sie wieder zurück!“, bettelte er und flennte haltlos, die Tränen schossen sturzflutartig aus seinen Augen, ein langer Rotzfaden baumelte von seiner Nase, doch es schien ihn nicht zu kümmern. Ein berechnender Ausdruck schlich sich in die Augen des Alten, der nun endlich erkannte, wer da vor ihm auf dem Boden kniete. „Ach, Sie sind es also“, nuschelte er und seine blutleeren Lippen verzerrten sich zur Karikatur eines Grinsens. „Ich flehe Sie an, Sie müssen mir helfen!“, wimmerte Marius Horn, er wischte mit dem Handrücken über sein nasses Gesicht und schniefte herzzerreissend, „ständig sekkieren sie mich, plagen und quälen meinen Geist und meinen Körper, ich ertrage das nicht mehr. Sie lassen mich nicht essen, sie lassen mich nicht schlafen. Meine Frau ist mit den Kindern zu ihrer Schwester gezogen, weil sie glaubt ich sei verrückt geworden! Bitte, nehmen Sie die Dämonen wieder zurück!“ „Oh, daraus wird nichts“, murmelte Herr Schubert und ein zufriedener Ausdruck huschte über sein eingefallenes Gesicht, „die Satansbrut klebt nun an Ihnen und Sie müssen sich um sie kümmern, bis jemand anderes freiwillig die Bürde übernimmt und so geht es weiter und immer weiter und immer weiter“, flüsterte er, seine Stimme wurde dabei leiser und leiser und erstarb schließlich ganz. Marius Horn stieß ein unmenschliches Heulen aus, er raufte sich die Haare und stieß derbe Flüche und Drohungen gegen Herrn Schubert aus, bis er von einer herbeieilenden Krankenschwester unsanft aus dem Zimmer befördert wurde. Julius Schubert beobachtete das Spektakel mit amüsierter Gelassenheit, entspannt kuschelte er sich in die weiche Matratze des Pflegebetts und als endlich wieder Ruhe eingekehrt war, schlummerte er friedlich ein.

© sybille lengauer

Die Meiers (ein Lied 2, 3, 4)

Er tut nur seine Meinung kund,
Das darf man wohl noch wagen!
Öffnet weit den Höllenschlund,
Denn er hat viel zu sagen,
Er kennt die schuldigen Verbrecher,
Kindermörder, Messerstecher,
(Ausländer, Ausländer)
Er kennt auch die Sozialschmarotzer,
Hartz-Abzocker, Hilfsgeldprotzer,
(Ausländer, Ausländer)
Entschlossen rotzt er es heraus:
Ausländer raus!

Und ich denke wieder öfter über Selbstmord nach,
Ja, ich denke immer wieder an den Tod,
Und ich denke wieder öfter über Selbstmord nach,
Ja, ich denke wieder lieber an den Tod.

Sie klärt nur ihre Umwelt auf,
Das ist doch nicht verboten!
Nimmt lachend die Kritik in Kauf,
Von Gutmensch-Idioten,
Sie nennt die wahren Umweltschänder,
Halsabschneider, Zukunftspfänder,
(Ausländer, Ausländer)
Sie nennt auch all die Staatszersetzer,
Bombenbauer, Friedensketzer,
(Ausländer, Ausländer)
Deutschstolz röhrt sie es hinaus:
Ausländer raus!

Und ich denke wieder öfter über Selbstmord nach,
Ja, ich denke immer wieder an den Tod,
Und ich denke wieder öfter über Selbstmord nach,
Ja, ich denke wieder lieber an den Tod.

© sybille lengauer