Archiv für August, 2021

Ein linkisches Widerstandsliedchen

Meine Hände sind zu link für linken Widerstand,
Will ich mit Eiern werfen klebt mehr am Gewand, als an der Wand,
Darum gebe ich, was oftmals wird verkannt in diesem Land:
Meinen dichterisch begabten Haus- und Hinterhofverstand.
Ich reime gegen die Faschisten, auch wenn es ihnen arg missfällt,
Auch gegen Erzkapitalisten, denn sie zerfressen diese Welt,
Ich reime gegen Kampfparolen, ja ich reime gegen Krieg,
Euer Hass bleibt mir gestohlen, genau wie euer Traum vom Sieg.
Doch meine Hände sind zu link für linken Widerstand,
Will ich mit Farbe schmieren klebt mehr am Gewand, als an der Wand,
Darum bring’ ich ein, was selten frei entstand in diesem Land:
Meinen poetisch hochbegabten Haus- und Hinterhofverstand.
Ich reime für ein bess’res Leben, und zwar für alles was da kreucht,
Selbst für hässliche Amöben, die man bei Tageslicht verscheucht,
Denn nur vereint kann uns gelingen, was Einzelkämpfer niemals schaffen,
Den Nationalgeist zu bezwingen und die Abschaffung von Waffen.
Doch meine Hände sind zu link für linken Widerstand,
Will ich Plakate kleistern klebt mehr am Gewand, als an der Wand,
Darum gebe ich, was nach und nach verschwand aus diesem Land:
Meinen fabulös begabten Haus- und Hinterhofverstand.

© sybille lengauer

Über-Untergedicht

All the happy faces
Oh joy
Look at all the smiling faces
Joy!
All the happy faces
Everywhere joy
Everywhere joy
Joy
Joy joy joy joy
Übermüdet
Überfordert
Übervorteilt
Überlastet
Überanstrengt
Übernächtigt
Über-Überstrapaziert
Unterlegen
Untergeben
Unterbuttert
Unterlassen
Unterboten
Unterwandert
Unter-Unterakzeptiert

All the happy faces
Oh joy
All the happy faces
Everywhere
Look at all the smiling faces
Joy
Everywhere joy
Oh
The
Joy
Und immer wieder Völkerball
So will es das Gesetz
All the happy faces
Joy joy
All the happy faces
Everywhere
All the happy faces
Oh joy
Look at all the smiling faces
Überwältigt
Überbordend
Überladen
Überhäuft
Überanstrengt
Übernächtigt
Über-Überaffektiert
Unterlaufen
Untergraben
Unterjubelt
Unterkrochen
Unterboten
Unterwandert
Unter-Unter- Letztplatziert
Joy joy
Joy joy
Oh
The
Joy
Everywhere

Look at all the smiling faces…

© sybille lengauer

Machine Gun – ein Alptraum?
(Vorlesegedicht, Rhythmusgedicht)

Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Bald geht es wieder los,
Hörst du die Musik?
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Bald geht es wieder rund,
Wir ziehen in den Krieg.
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Der Horror scheint vergessen,
Der Blutzoll längst verjährt,
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Also auf, ihr jungen Menschen,
Die ärmsten gern voran!
Die Zähne gebleckt,
Die Fäuste gereckt,
Das Feindbild beschlossen,
Und draufgeschossen!
Ra-Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Bald geht es wieder los,
Hörst du die Musik?
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Bald geht es wieder rund,
Wir ziehen in den Krieg
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Die Schuld scheint abgegolten,
Die Schrecken längst verklärt,
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Also auf, ihr jungen Leute,
Die verzweifeltsten voran!
Den Ranzen bestückt,
Die Waffen gezückt,
Das Weltbild festgegossen,
Und losgeschossen!
Ra-Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta
Ra-Ta-Ta Ta-Ta Ta-Ta
Bald geht es wieder los,
Hörst du die Musik?
Ra-Ta-Ta Rata-Ra-Ta-Ta
Bald geht es wieder richtig rund,
Wir ziehen in den Krieg…

© sybille lengauer

Schau nur die Wolken

Veröffentlicht: August 3, 2021 in Gedichte
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Schau nur die Wolken

Ich streife barfuß zwischen den Feldern,
Über Steinchen und Sand führt mein Weg,
Es knistert im Weizen,
Hoch reckt sich der Mais,
Alles wartet auf Regen,
So wie ich.
Unter meinen bloßen Füßen,
Atmet der Feldweg im Rhythmus der Erde,
Über mir, im unendlichen Himmel,
Die Bäuche der Wolken,
Vom Wind glattgebürstet,
Streifen dunkel das träumende Land,
Schau nur, die Wolken,
Bereit die Last auszuschütten,
Die sie von weither getragen,
Zwischen alldem kreisen Schwalben,
Auf der Suche,
So wie ich.

© sybille lengauer

Ode an den Fahrradfahrer, den ich gerade mit dem Ellenbogen im Gesicht getroffen habe
oder: Daumenlos durch den Nachmittag (ca 2016)

Ich weiß, dass für dich nur Geschwindigkeit zählt,
Eine Klingel erscheint da entbehrlich,
Da die aerodynamische Schnittigkeit fehlt,
Denkst du: „Weg mit dem Teil, jetzt mal ehrlich!“
Doch mein Haar, es weht lange und spielt mit dem Wind,
Da kommt’s schon mal vor, dass Insekten drin sind,
Und dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar,
Ja dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar…
„Autsch!“
Ich weiß, dass dir sehr schnelles Fahren gefällt,
Vielleicht sind deine Freuden sonst spärlich,
Kann schon sein, dass man in einen Rauschzustand fällt,
Ohne Klingel ist das sehr gefährlich.
Denn mein Haar, es weht lange und spielt mit dem Wind,
Und wenn’s dann mal passiert, dass Insekten drin sind,
Dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar,
Ja dann fahr ich mir kräftig duch’s Haar,
„Aua!!!“
Vielleicht habe ich vorschnell mein Urteil gefällt,
Du stehst gar nicht auf irres Geradle,
Sondern kamst einfach nur ohne Daumen zur Welt,
Und jetzt blutet dein Auge, wie schade!
Denn mein Haar, es weht lange und spielt mit dem Wind,
Und dann kann es gescheh’n, dass Insekten drin sind,
Und dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar,
Ja dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar,
„Autsch!“
Schallala-lala-lalalala,
Ja dann fahr ich mir kräftig durch’s Haar,
Schallala-lala-lalalala,
Dein Veilchen kannst du jetzt deiner Freundin erklären…
* fade out *

© Sybille Lengauer