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Menschenrecht

Veröffentlicht: März 3, 2020 in Politisches
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Menschenrecht

Geschrieben steht es.
Für uns alle.
Goldauswurf der Menschheit.
Schwarz auf Weiß.
Das eine Wort.
Menschenrecht.
Men-schen-recht!
Ersäuft.
An unseren Stränden.
Erfriert.
In unseren Lagern.
Krepiert.
Vor unseren Grenzen.
Blut.
Klebt an unseren Händen.
Geschrieben wird es.
Immer groß.
Goldgeschenk des Friedens.
Mensch, da steht es!
Schwarz auf Weiß.
Das eine Wort.
Das Eine Wort.
Menschenrecht.
Men-schen-recht!
Ersäuft.
An unseren Stränden.
Erfriert.
In unseren Lagern.
Krepiert.
Vor unseren Augen.
Schuld.
Klebt an unseren Händen.

© sybille lengauer

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Blumento-Pferde

Es ist verregnet und grau,
Frühling vor der Tür,
Wir telefonieren ein wenig,
Plötzlich sagst du zu mir:
„Wozu soll ich bitte auf etwas verzichten,
Wenn Chinesen und Inder die Erde vernichten.“
Und legst die Hände in den Schoß.

Es ist unsagbar heiß,
Sommer vor der Tür,
Wir schwitzen im Einklang,
Da sagst du zu mir:
„Bringt doch nichts zu kämpfen, Mann,
Weil man die Welt nicht retten kann.“
Und legst die Hände in den Schoß.

Es ist ziemlich stürmisch,
Herbst vor der Tür,
Wir steh’n auf der Straße,
Du sagst trocken zu mir:
„Der Plastikmüll, das liegt auf der Hand,
Wird hier zwar gesammelt, doch woanders verbrannt.“
Und legst die Hände in den Schoß.

Es ist bitterkalt,
Winter vor der Tür,
Wir treffen uns zur Arbeit,
Und lachend sagst du mir:
„Der Klimawandel ist nur ein dummes Gerücht,
Die Sache mit der Erderwärmung – gibt es nicht.“
Und legst die Hände in den Schoß.

Ich möchte zwar keine Grundsatzdiskussion beginnen –
Aber mit euch kann man wirklich keinen Blumentopf gewinnen…

© sybille lengauer

(Aus „Goldstaub & Ruinen“. Dieses Gedicht ist nun schon einige Jahre alt, aber im Moment könnte ich es jeden Tag neu posten, denn der braune Sumpf wächst und gedeiht, wo man nur hinschaut. Steht auf und leistet Widerstand, es kommt auf jeden von uns an.)

Ode an den Nazi-Wichser

Du wandelst weltfremd über Leichen,
Schwebst übers staubgrau der Geschichte,
Stellst für den jungen Hass die Weichen,
Ersinnst, noch während ich hier dichte,
Dir neue, alte Feindchimären,
Die ohne dich nur Geister wären,
Und spuckst der Logik ins Gesicht,
Für dich allein besteht sie nicht.

Du grollst des Menschen Farbenspiel,
Verachtest seine Hülle,
Dein einzig, wahres Lebensziel,
Zerstört des Daseins Fülle,
Du stichst dein schmählich’ Manifest,
Ins hirnentleerte Wespennest,
Ergötzt dich an des Wortes Saat,
Und träumst von einem „reinen“ Staat.

Du denkst dein Weltbild sei noch richtig,
Wenn hinter dir schon Mauern fallen,
Der Menschheit Würde ist dir nichtig,
In ihre Anmut schlägst du Krallen,
Verbrennst die Unschuld ohne Güte,
Ersetzt sie durch dein Hassgewüte,
Doch musst auch du zuletzt erkennen:
Am Ende wirst du selber brennen.

© sybille lengauer

Dieses eine, kleine Statement.
Sag, wem schadet denn das?
War doch gar nicht ernst gemeint,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen behindert denn das?
War doch nie bös gemeint,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Dieses eine, banale Wort.
Sag, was verändert denn das?
War doch nie so hart gemeint,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen vergrämt denn das?
War doch nur im Suff erzählt,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Dieser eine, kurze Schubser.
Sag, wen verletzt denn das?
War doch nur als Gag gemeint,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen verunsichert das?
War doch nur unter uns,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Dieser eine, sanfte Rempler.
Sag, wen verdirbt denn das?
War doch nie brutal gemeint,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen beeinträchtigt das?
War doch nur ein kleiner Ausrutscher,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Dieser Tote mehr auf der Straße,
Sag, wen kratzt denn das?
War doch nur ein Ausländer,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen stört denn das?
War doch nur die Bürgerpflicht,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Dieser Kinderleichnam am Strand.
Sag, wen kümmert denn das?
War doch nur ein Fresser mehr.
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen betrifft denn das?
War doch nur ein kleiner Hinweis,
War doch nur, ja war doch nur.
Spaß!

Diesen verdammten Genozid.
Sag, wer erinnert denn das?
War doch nur ein Geschichtsunfall,
War doch nur, ja war doch nur!
Spaß.
Dieses bisschen Fremdenhass.
Sag, wen verbrennt denn das?
War doch nur die Welt in Flammen.
War doch nur, ja war doch nur.

Massenmord.

© sybille lengauer

Goldene Tage.
Kindliche Erinnerungen in zarten Pastelltönen.
Fortgespült im Sog der braunen Gewalt.
Verstummte Gespräche, vergessene Gesichter.
All die toten Menschen.
Und nie wieder, nie wieder,
Kommt die verlorene Zeit.
Ist für immer vernichtet,
Für immer Vergangenheit.

Goldene Tage.
Verstaubte Erinnerungen mit Trauerflor.
Fortgerissen im Strudel der braunen Gewalt.
Zerstörte Familien, zerplatze Träume.
Und all die toten Menschen.
Nie wieder, nie wieder,
Kommt die verlorene Zeit.
Ist für immer vernichtet.
Für immer Vergangenheit.

Goldene Tage.
Anekdoten aus einem verschollenen Land.
Fortgeweht im Sturm der braunen Gewalt.
Verwelkte Lieben, verscharrte Gefühle.
All die toten Menschen!
Kommen nie wieder.
Ihre Tränen.
Ihr Gelächter.
Ihre Lieder.
Nie wieder.
Nie wider.

All die toten Menschen.

© sybille lengauer

Und alle werden sie fragen: „Wie konnten sie nur?“
Und hier entspannen wir und sagen: „Wir können ganz prima.“
Fahrkomfort sticht Nächstenliebe.
Ein Gewissen für die Umwelt kannst du nicht leasen.

Und alle werden sie fragen: „Warum haben sie nicht?“
Und hier lümmeln wir und sagen: „Wir wussten es nicht besser.“
Wohlfühlzone sticht Verantwortung.
Ein Gewissen für die Zukunft kannst du nicht bezahlen.

Und alle werden sie fragen: „Wieso hat denn keiner?“
Und hier lungern wir und sagen: „Wir wollten schon, nur ging es nicht.“
Selbsttäuschung sticht Zuversicht.
Ein Gewissen für die Nachwelt kannst du nicht kaufen.

Und alle werden sie fragen: „Waren die verrückt?“
Und hier hocke ich und sage: „Es tut mir leid. Wir waren sehr krank.“

© sybille lengauer