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Die Alien-Entführung

Veröffentlicht: September 12, 2019 in Kurzgeschichten
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Die Alien-Entführung

Hätte ich mir ja denken können, dass das kein gutes Ende nimmt. Ging ja immerhin um mich und nicht um irgendwen. War also eigentlich schon vorprogrammiert, das Elend. Aber naja. Am Anfang ist man natürlich erst einmal elektrisiert, wenn man von Aliens entführt wird und wer will es mir verdenken, immerhin lebe ich seit vier Jahren in diesem Drecksloch, ohne dass etwas nennenswertes passiert ist. Bisschen persönliche Tragödie, bisschen Krankheit und Schicksalsschlag, aber mehr hat sich nicht getan, seit ich in diese öde Gegend gezogen bin. Früher, da war mehr los. Drogensucht, Spielsucht, Arbeit verzockt, Familie versoffen. Abwärtsspirale vom Feinsten. Aber seit es mich in dieses namenlose Kaff verschlagen hat, ist eigentlich gar nichts mehr passiert. Außer, naja. Sie wissen schon.
Bis dann, neulich Nacht, die Entführung. Wahnsinn. Ich auf der Couch, die Aliens vor dem Fenster und über allem ein helles Leuchten. Als hätte das Wohnzimmer einen Heiligenschein. Und totenstill dabei, wie in diesen verdammten Stummfilmen. Ich hab mich fast eingeschissen, im ersten Moment. Stehen ja nicht jeden Tag die Aliens vor deinem Fenster. Und freundlich aussehen geht auch anders. Mit diesen schwarzen Dreiecksaugen und den winzigen, verkniffenen Mündern. Sehr unsympathisch, jetzt so in der Retrospektive. Sehr unschön, die Alienphysiognomie. Da kann man sich schon erschrecken. Aber dann. Naja. Ich hab mich eigentlich gefreut, dass endlich wieder was passiert. Immer nur auf der Couch und fernsehen, das versüßt keinen Lebensabend. Also hab ich sie hereingebeten, so mit Gesten. Ganz freundlich. Die Aliens sind zügig ins Haus gekommen, war ihnen wahrscheinlich auch nicht geheuer, so vor dem Fenster zu lungern. Wie gewöhnliche Spanner. So perverse. Standen dann in meinem Wohnzimmer herum, wie bestellt und nicht abgeholt und ich frage jetzt Sie, was denkt man sich eigentlich dabei, zigmillionen Kilometer durch das All zu fliegen, nur um sinnlos in jemandes Wohnzimmer herumzustehen. Kann mir auch keiner erklären. Aber egal. Standen die also in meinem Wohnzimmer. Ich, ganz Botschafterin der Erde, fahre Likör auf und all das. Man muss ja schon etwas anbieten, ist ja hoher Besuch. Aber die Aliens, ganz Abstinent, wollten gar nichts, haben immer nur mit ihren Drei-Finger-Händen gedeutet, Danke nein. Da denke ich mir, wenn die sich zu fein sind, meinen guten Kirschlikör zu trinken, lasse ich mich auch nicht entführen. Kommt ja schon einer groben Beleidigung gleich, wenn man nicht einmal einen kleinen Willkommensschluck mit den Einheimischen genießt, oder. Ich also beleidigt, zeigte ihnen den Finger, aber die Aliens, auch nicht besser, antworteten gleich mit Waffengewalt. Was soll ich sagen. Die hatten diese eigenartigen Knarren, sahen ziemlich billig aus, wie diese Plastik-Laserpistolen aus der Kinderwerbung. Hab ich erstmal nicht ernst genommen, die Dinger. Bis sie meinen Fernseher pulverisiert haben. Dann war da mehr Respekt. Ich also den Kirschlikör vorsichtshalber eingesteckt, man will ja keinen Stress riskieren. Hab mir natürlich noch ein Schlückchen gegönnt, bevor es dann losging, aber nur ein bisschen. Dem Anlass angemessen.
Jetzt aber, das Schiff. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. War eigentlich eine riesige Enttäuschung. Nicht größer als ein normales Einfamilienhaus und mindestens genauso langweilig. Schwebte ein paar Meter über der Erde und sah belanglos aus. Kein Funkeln, keine Lichter, kein Farbspektakel. Nur ein bisschen schweben. Die Rolltreppe war ganz spannend, das will ich nicht bestreiten, die Fahrt hat wirklich Spaß gemacht. Aber dann, im Schiff. Die nächste, große Pleite. Kein Blinken, kein Blitzen, nur dunkle Gänge und diese Stille, die ging mir da schon gewaltig auf die Nerven. Ich also, schon ziemlich enttäuscht, dachte mir, was soll da jetzt noch kommen. Kam dann auch nicht mehr viel. Von der Alienkönigin kann ich kaum etwas erzählen. Die war ein wenig größer als die anderen, sah aber auch nicht besser aus. Wir trafen uns in einer Art Planetarium. Sie zeigte huldvoll auf irgendwelche Sterne und Planeten, alles in 3-D. Ich hab natürlich nichts verstanden, aber was hatte sie auch erwartet. Standen wir eben herum und starrten die Planeten an. Ich weiß nicht, wie lange. Wurde dann auch langweilig. Also trank ich noch ein Schlückchen und bot auch ihr etwas an. Ich wusste es ja nicht besser. Dass sie dann so explodierte. Ich weiß nicht. Hätte wirklich keiner ahnen können. Am Anfang war alles noch ganz friedlich, sie nahm die Flasche und setzte an. Ich war ganz perplex, was so eine Alienkönigin schlucken kann. Aber dann. Es war ein Trauerspiel. Sie platzte wie eine Seifenblase. Das war schon ein Anblick. Danach war natürlich die Hölle los. Die Aliens, völlig außer Rand und Band. Rannten herum wie kopflose Hühner. Sammelten die Teile ihrer Königin zu kleinen Häufchen zusammen, man kann es sich nicht ausdenken. Und alles in dieser Stille. Irgendwie abartig. Ich bin dann zurückgegangen, die nahmen ohnehin keine Notiz mehr von mir. Hab die Rolltreppe genommen und mich wieder in mein Haus verkrümelt. Zur Sicherheit die Tür abgesperrt und die Jalousie heruntergelassen. Man weiß ja nie. Aber sie kamen nicht wieder, flogen einfach auf und davon, was soll ich sagen. Ich weiß nicht einmal, ob es eine richtige Entführung war. Ich meine. Naja. Keine Experimente und so. Auf meiner Seite. Aber sie haben schon ihre Erfahrungen gemacht, wenn man es so betrachtet. Und ich habe jetzt keinen Fernseher mehr. Den haben sie ja pulverisiert, den haben die nicht ersetzt. Aber gut. War ja ein Geben und Nehmen. So gesehen. Dass sie uns jetzt den Krieg erklärt haben. Ich bitte Sie. Schon irgendwie überzogen, oder. Andererseits. Hätte ich mir ja denken können, dass das kein gutes Ende nimmt…

© sybille lengauer

Nebelschwadenleicht schwebt mein Gehirn in Ethanol.
Der Raum dreht sich im Kopf, ich fühl mich warm, ich fühl mich wohl.
Doch schlägt der Fusel, dieser Geck, den Schädel mir entzwei,
Dass ich dadurch zum Affen werd erklärt sich nebenbei.

Urplötzlich scheint der dümmste Scherz mir witzig.
Der gröbste Depp wirkt amüsant und spritzig.
Mein Spirit ist vom Spiritus durchtränkt.
Kaum eine Zelle die noch nüchtern denkt.

Idiotenlässig kreisle ich dahin,
Ein Peinlichkeitsmagnet voll Endorphin.
So schwank ich durch Gespräche hin und her,
Das Denken fällt mir Blutgerinnselschwer.

Am nächsten Morgen dröhnt der Wimpernschlag.
Ich heule auf, verfluche Nacht und Tag.
Und schwör bei meinem nicht sehr fernen Grabe,
Dass ich zum letzten Mal gesoffen habe.

Jedoch, das Fleisch besiegt den Geist um Längen,
Zu vieles muss ich einmal mehr verdrängen.
Der Alkohol versöhnt mich mit der Welt.
Ein Spießer wer nun schlechtes von mir hält…

© Sybille Lengauer

Die Bar

Des Nachts saß ich in einer Bar,
ganz einsam und allein,
belauschte das was dort geschah,
berauscht von Bier und Wein.

Drang eine Stimme an mein Ohr,
verrucht, verseucht, verlebet!
Sprach:“ Was die Menschheit retten tät,
wär wenn’s dich nicht mehr gäbet!“

Verwundert sucht mein Aug den Sprecher,
erblickt ihn hinter Gläserwällen,
wo ein scheint’s geisteskranker Zecher,
sich anschickt noch ein Bier zu fällen.

Gerötet ist sein Angesicht,
geschwollen seine Lider,
könnt wetten seine Mutter nicht,
einmal erkennt ihn wieder.

Doch neben ihm, du glaubst es nicht,
sitzt Satan höchstpersönlich!
Lehnt sich zurück und lächelt schlicht,
als wär das ganz gewöhnlich!

Ich schrie laut auf und blickte fort,
der Deibel saß in MEINER Bar!
Wie Bourgeois war doch der Ort,
der einstmals so beschaulich war?

Erschüttert schwankte ich hinaus,
ich wollt dort saufen nimmer!
Wenn erst der Teufel sitzt im Haus,
wird’s schrittweis immer schlimmer!

Die Nacht darauf, muß ich gestehn,
ward ich erneut an diesem Ort,
doch nur um ängstlich nachzusehn,
ob dieser Schurke wieder fort.

Die dreizehn Bier, die ich noch trank,
die zähle ich nicht…
Gott sei Dank.

© Sybille Lengauer