Ich stehe im Schlamm und höre dem Regen zu, wie er gegen meine Hutkrempe klopft. Und ich denke, dass der sich irgendwie anfühlt wie Spucke. Langsame, immer tiefer in meine Kleidung dringende, Wolkenspucke. Direkt aus dem Himmel, speziell für mich. Scheißhimmel.
Manchmal, wenn man nicht genau aufpasst, stolpert man über solche Gedanken. Und dann steht man da, optional im Schlamm. Grübelnd. Sinnierend. Kommt zu keinem Ende. Denkt und denkt und denkt. Während die Welt weiterrennt. Hinterher! Hinter dem Geld. Hinterher! Hinter dem Schein. Hinterher! Hinter Schnickschnack und Firlefanz. Nur ich bin verrückt. Nur ich bin verrückt?
Nasse Füße bekomme ich jetzt auch so langsam. Weil der Schlamm sich durch die Nähte meiner Schuhe frisst. Sich langsam empor suppt, bis die Socken ganz aufgeweicht an den Zehen festkleben. Dreckssocken. Fehlen nur noch die Moskitos. Obwohl – dann gäbe es hier wenigstens Musik, zu dem ganzen Elend. Es tropft weiter von oben. Suppt weiter von unten. Und irgendwo dazwischen schlägt mein Herz. Auch nicht mehr ganz so geschmeidig. Da stehe ich jetzt, im Regen sowie in der Traufe. Während die Welt weiterrennt. Weg! Von der Angst vor dem Versagen. Weg! Vor der sozialen Kälte. Weg! Vom Absturz. Nur ich bin verrückt. Nur ich bin verrückt.
Während ich so langsam immer feuchter werde, stelle ich mir vor, dass der Wald um mich herum ganz aus Eisen besteht. Der Boden ist übersät von metallfleckigen Moosen. Hauchdünne Rostplattenblätter treiben im Wind. Die Bäume haben große Löcher, hineingefressen von der Zeit. Innen sind sie hohl. Damit der Sturm besser auf ihnen spielen kann. Die Luft ist erfüllt von metallischem Kreischen. Irgendwie schön. Nur der Schlamm ist immer noch ganz profaner Schlamm. Und ich. Immer noch verrückt.
© Sybille Lengauer